WIE SICH DAS EINKAUFSVERHALTEN VERÄNDERT HAT. Und: was die Lieferanten damit zu tun haben.
Vor kurzem habe ich ein paar Worte darüber verloren, wie wir Einzelhändler momentan kämpfen müssen. Darin habe ich auch kurz angerissen wie sich das Kaufverhalten der Kunden verändert hat. Daß viele Stuttgarter während der Schließung neue Verkaufsstellen wie Supermärkte oder den Online Handel für sich entdeckt haben. Daß jetzt ganz andere Dinge gekauft werden als vor der Pandemie. Die Leute sind bequemer geworden. Und die Supermarkt- und Baumarktketten haben alles daran gesetzt, Ihr Sortiment übelst aufzustocken. Mit Waren, welche diese vorher nie im im Regal hatten. Um den Umsatz noch mehr zu steigern und dem (geschlossenen) Einzelhandel den Rang abzulaufen. Das ist unfair, aber was soll man dagegen machen? Oder gibt es dafür von irgendeiner Stelle eine Ausgleichszahlung? Diese Pandemie hat einigen Branchen einen dicken Knüppel zwischen die Beine geworfen und jetzt, wo es scheinbar wieder los geht, merkt man erst, daß nichts so sein wird, wie es mal war. Einfach den Laden aufschließen und hoffen, daß ganz viele Leute genau dasselbe kaufen wir vor einem Jahr? Das wird in den wenigsten Fällen funktionieren. Wir Einzelhändler mussten für lange Zeit schließen, sind auf Ware sitzengeblieben und müssen uns jetzt erst mal neu erfinden. Erst mal rausfinden was der Kunde eigentlich möchte bzw. nicht mehr möchte.
Der Wettbewerbsvorteil während der Schließung hat sich mehr als bezahlt gemacht für die, die offen lassen durften.
Ich habe gemerkt, und das ist jetzt nur EIN Beispiel, daß viele Ihre Spirituosen jetzt lieber im Supermarkt kaufen als z.B. bei uns. Ist ja auch praktischer. Nur war die Auswahl an anständigem Material vor der Pandemie in den einschlägigen Supermärkten überschaubar. Und nun ist das Sortiment stark ausgebaut worden und die KundInnen nehmen nun den Weg des geringsten Wiederstands. Bequemlichkeit steht über Loyalität und „Support Your Locals“. Der Wettbewerbsvorteil während der Schließung hat sich mehr als bezahlt gemacht für die, die offen lassen durften.
Der Supermarkt dient im nachfolgenden Beispiel als Symbol für alle, die stark aufgerüstet und den (geschlossenene) Einzelhandel ausgebootet haben.
Denn an dieser Stelle kommen die Hersteller bzw. Lieferanten ins Spiel. Während des Lockdowns mussten diese sich neue Absatzquellen suchen. Wenn wir (als Beispiel) bei den Spirituosen bleiben: Gastro zu, Einzelhandel zu. Da bricht der Umsatz mal so richtig ein. Bleiben zwei Alternativen und eine Hoffnung: letztere wäre zu hoffen, daß die Pandemie schnell rum ist und der Umsatz wieder nach oben schnellt. Da dies aber nicht der Fall war blieben besagte Alternativen übrig: Alternative 1: der eigene Online Shop. Absatz direkt an den Kunden. Ist einem sowieso am liebsten, weil man hier am meisten verdient und keine Marge an den Einzelhänder abgeben muss. Alternative 2: dort verkaufen wo die Türen noch offen sind. Am sinnvollsten ist natürlich die Kombination aus beiden Alternativen. Und diese haben Viele gewählt.
Um den Onlineverkauf anzukurbeln wurde oftmals mit Schnäppchen oder Draufgaben geworben: „Heute XY% Rabatt“ oder „bei jeder Bestellung gibt`s XY gratis dazu“. Ist natürlich toll für den Endkunden, ermöglicht es dem Hersteller seine Geschäfte weiter zu betreiben. Für den Einzelhandel ist das ein Stich in den Rücken. Wenn dann noch die Alternative 2 on top kommt, ist nicht mehr viel zu retten: ein hochwertiges Produkt steht über Nacht neben dem Billigfusel im Supermarktregal. Und wird auch noch im Prospektle zu einem sensationell günstigen Preis angeboten. Da geht die Credibility ganz schnell flöten und ich muss mir überlegen, wie ich dieses Produkt nach der Ladenöffnung an den Mann bzw. die Frau bringen werde: die Coolheit des Produkts ist dahin und die Preisstabilität auch. Da hat sich jemand mit unserem stärksten Konkurrenten verbündet, ohne auch nur im geringsten an die Auswirkungen auf die bisherigen Partnerschaften zu denken. Na dann Prost!
Ob sich die Lieferanten damit einen großen Gefallen getan haben wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen. Wenn die Supermärkte die Brand nicht mehr verkaufen muss es der Einzelhandel wieder richten. Wenn der überhaupt noch gewillt dazu ist. Ich für meinen Teil sortiere gerade ordentlich aus….
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